Die Lebensfreude in der Kunst
Baden Galerie Anixis zeigt Motive von Katchathurians Romantik
Mit einer Ausstellung von Werken dreier armenischer und zweier weissrussischer Kunstler beendet die Galerie Anixis den diesjährigen Zyklus, der von der Musik grosser russischer Komponisten inspiriert war.

Ausstellung Bis 22. Dezember 2001, Di und Do 14-18.30 Uhr,
Mi und Fr 14-20 Uhr, Samstag 11-17 Uhr.

LYNNE FAULSTROH

Die Beziehungen der Farbklange zu den Klangfarben waren die Kriterien, nach denen Hanni Malcotsis-Ursprung diese vier Ausstellungen ausrichtete. Schon die Skulpturen verraten den grossen Atem, der in der osteuropaischen Kunst sowohl die Farben als auch die Formen von allzustrengen Leitbildern entbindet und alle Schleusen fur Fantasie und Poesie offnet. Vladimir Slobotchikov, Leiter des Lehrstuhls fur Bildhauerei an der belarussischen Kunstakademie, zeigt mit seinen Skulpturen die Kraft der emporschiessenden Form. Seine Arbeiten aus Holz, die zumTeil monumentalen Charakter tragen, sind sich einig in ihrem Streben nach oben. Sie zeichnen sich aus durch schmale Silhouetten, langgestreckte Korper und kleine, in sich ruhende Gesichter. Die Themen sind sowohl der Mythologie entlehnt als auch gegenwartsbezogen.

Fulle des Lebens

Boris Yegiazaryans magische Fabulierkunst, in der er Menschen, Fische, Vogel und Baume zu einem einzigen lebendigen Leib verflicht und auch noch die Farbe zu einem unerhorten Leuchten bringt, fuhrt zu Bildern, in denen der Betrachter wie in einem Buch lesen kann. Die Fulle der ineinander verwobenen Motive erscheint wie ein Fullhorn der guten Gaben des Lebens und entlasst ihn reich beschenkt mit dem Gefuhl, Einblick in eine Marchenwelt voller Wunder genommen zu haben. Im Gegensatz zu dieser uberfliessenden Poesie stehen die drei Tafelbilder des Kunstlers, die monochrom nur durch den Auftrag von weisser Farbe strukturiert sind. Sie dokumentieren das Erwachen der Schopfung in einem Augenblick, der noch jenseits der Farbe liegt, aber just in dem Moment, in dem das Chaos zur Form gerinnt.

Frauen in einer traumenden Welt

Alexsandr Ksendzov, den die Besucher der Galerie Anixis noch mit seinen mythologischen und religiosen, in sehr verhaltenen Farben angelegten Bildern in Erinnerung haben, verliess diese Sanftheit und tauchte den Pinsel in klare, explosive Farben. Sie kommen nun in einem Wirbel schopferischer Lust daher und zeigen nur noch in Andeutungen - sozusagen als lyrische Orientierungshilfe - Fragmentarisches, das mit dem Bildthema verbunden ist. Sensibel und temperamentvoll zugleich stellt Samvel Hambartsumian seine Frauengestalten in eine traumende Umwelt. In den ausgestellten Bildern bevorzugt er feinste Nuancen sanfter Grau- und Blautone sowie ein verblichenes Rosa, das den Frauenbildnissen eine leichte Melancholie verleiht, sie aber auch in jenen Schwebezustand versetzt, in dem sie - subtil verschleiert - alles verheissen, aber nichts preisgeben. Der Moskauer Maler Armen Adilkhanian uberrascht durch grossflachige Kompositionen, in denen er Malerei mit Photosiebdruck verbindet. Der wie eine Collage aufgebaute Bildleib gestattet es ihm, sich samtlicher Bilddokumente zu bedienen. Aus einem seiner Aufenthalte in Baden stammt eine Fotografie der Villa Boveri, die der Betrachter als Bildmotiv in einem aus vielen Motiven zusammengewurfelten Gemalde wiederfindet. Der grosszugige Umgang des Kunstlers mit einer «weltund zeitumspannenden» Sicht der Dinge fuhrt zu skurrilen Kompositionen, die er reichlich vergoldet und schliesslich zu seinem Credo «Alles ist mit der Vergangenheit verbunden, die Gegenwart und die Zukunft, alles ist Erinnerung, Erwartung und Hoffnung».